Südtirollösung für Tibetfrage?

Landeshauptmann Durnwalder mit dem Dalai Lama Sechzig Jahre Frieden in Südtirol zeigen, dass das Autonomie- ein Erfolgsmodell ist. Eignet es sich aber auch für den Export? Höchstens Teile davon, behauptet einer, der es wissen muss: der Dalai Lama, das weltliche und geistige Oberhaupt der Tibeter. Er hat Südtirol bereits zwei Mal besucht und Landeshauptmann Luis Durnwalder auch schon in seinem Exil in Dharamsala empfangen. Eine ganze Reihe tibetischer Fachleute haben zudem das Südtirolmodell eingehend studiert, weil „das Südtiroler Autonomiemodell ein modernes und effizientes ist, für politische Stabilität, wirtschaftlichen Wohlstand und geringe Arbeitslosigkeit sorgt“, so der Dalai Lama.
Kann man mit einer Autonomie à là Südtirol also die Tibetfrage lösen? Nein, glaubt der Dalai Lama: Kein Autonomiemodell könne eins zu eins auf seine Heimat umgelegt werden. Es gehe vielmehr um die Frage, wie Detailbereiche geregelt werden – man denke an die Pflicht zur Zweisprachigkeit, an den ethnischen Proporz, an die weit reichenden politischen und administrativen Spielräume. Diese Aspekte in etwaige Verhandlungen mit China einbringen, auf funktionierende Systeme verweisen zu können, konkrete Lösungsvorschläge parat zu haben – dies sind die Vorteile, die sich aus der tibetisch-Südtiroler Zusammenarbeit ergeben.
Doch eines ist klar: Noch fehlt für Tibet die Grundlage einer Autonomie, noch fehlt der Willen Chinas, den Tibetern eine Autonomie zu gewähren, die diesen Namen verdient, noch fehlt ein tibetisch-chinesischer Pariser Vertrag.

J. Christian Rainer