Zeitzeugen berichten

Rolando Boesso: „Alto Adige“ vs. „Dolomiten“

Rolando Boesso

Rolando Boesso, geboren 1920 in Riva del Garda, gehört zu den Gründern der Tageszeitung „Alto Adige“. Als Direktor und Geschäftsführer arbeitete er bis 1986 für Südtirols auflagenstärkste und meinungsbildende italienischsprachige Tageszeitung. Nach einem Intermezzo in der Politik – Boesso saß zwischen 1983 und 1989 im Landtag und war dessen Präsident – hat er die Führung des Privatfernsehsenders „Videobolzano 33“ übernommen. Boesso leitet VB33 auch heute noch.

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Rolando Boesso kam im Mai 1945 nach Bozen. Weil es damals keine italienische Zeitung gab, gründete er kurzerhand mit einigen Freunden den „Alto Adige“, der bis heute die wichtigste italienische Tageszeitung Südtirols ist.

Boesso: „Die italienischen und die deutschen Medien standen sich diametral gegenüber. Für uns vom ‚Alto Adige’ war es Blattlinie, die italienische Volksgruppe zu verteidigen. Von der Gegenseite wurden wir als Faschisten bezeichnet. Das waren wir nicht. Fakt ist, dass wir im Pariser Vertrag eine Gefahr sahen. Wir sahen darin den Anfang der Zurückdrängung der Italiener in Südtirol. Sicher, das Abkommen hat für Frieden in einem unruhigen Klima gesorgt.

„Wie war die Ausrichtung des „Alto Adige“ in den Gründerjahren?
Boesso definiert sie als „christdemokratisch, regierungsfreundlich und natürlich darauf bedacht, die italienischen Institutionen zu verteidigen. Der ‚Alto Adige’ hatte damals einen direkten Draht zum Ministerpräsidenten. Degasperi schrieb auch Artikel für uns.“

Und die konträren Positionen der Zeitungen auf beiden Seiten der ethnischen Mauer?
Boesso beschreibt das Verhältnis von deutscher und italienischer Presse zueinander als „ein Duell spitzer Federn, in dem es einen täglichen Schlagabtausch gab. Ein Kommentar folgte auf den andern: Wir beklagten die Übergriffe der ‚Dolomiten’, die ‚Dolomiten’ sah sich unseren Übergriffen ausgesetzt. Diese Auseinandersetzung setzte sich in all den Jahren fort. Eines möchte ich aber betonen: Auf menschlicher Ebene hatten die italienischen und deutschen Journalisten immer ein gutes Verhältnis zueinander“.