Künstliche Befruchtung

In Italien soll es zur Zeit über 30.000 Embryonen geben, die in den verschiedenen Fortpflanzungszentren eingefroren („kryokonserviert") sind. Was soll mit diesen geschehen?

Die Gesetzeslage

Laut dem Gesetz Nr. 40/2004, das im Frühjahr 2004 in Kraft getreten ist, ist im Artikel 14 eine Einfrierung („Kryokonservierung") der Embryonen generell verboten. Es dürfen nur so viele Embryonen erzeugt werden, als für deren nachfolgende Übertragung in die Gebärmutter erfordert sind, auf alle Fälle nicht mehr als drei. Nur wenn auf Grund einer bei der Erzeugung der Embryonen noch nicht vorhersehbarer Erkrankung der Frau eine Übertragung in die Gebärmutter nicht möglich ist, dürfen diese Embryonen bis zum nächst möglichen Datum für eine Einpflanzung eingefroren werden.
Insofern dürften für die Zukunft nur mehr wenige Embryonen, und diese nur für kurze Zeit, eingefroren werden.
Die vielen oben genannten eingefrorenen Embryonen kommen aus der Zeit, in der es in Italien noch kein Gesetz gab, das die medizinisch assistierte Fortpflanzung geregelt hat.
Hier muss man zwei Typen unterscheiden:
Die größere Zahl der Embryonen sind jene, die auf der Warteliste stehen für künftige Einpflanzungen in die betreffenden Frauen, die in Behandlung für eine medizinisch assistierte Fortpflanzung stehen.
Eine kleinere Zahl gehört aber zur Gruppe der „verwaisten Embryonen". Die Fortpflanzungszentren waren hier nach mehrmaligen Versuchen nicht mehr in der Lage, den Kontakt mit den Eltern herzustellen, oder sie besitzen sogar eine schriftliche Erklärung der betreffenden Eltern, dass sie sich diese nicht mehr einpflanzen lassen wollen.

Was soll mit den verwaisten Embryonen geschehen?

Das Gesundheitsministerium hat in seinen Richtlinien zur Durchführung des Fortpflanzungsgesetzes (veröffentlicht in der Gazzetta della Repubblica vom 16.8.2004) vorläufig verfügt, dass sie an einem zentralen Ort auf Kosten des Staates eingefroren aufbewahrt werden sollen.
Es ist nicht angegeben, wie lange diese Einfrierung erfolgen kann, denn es ist so, dass die „Lebendigkeit" der Embryonen mit der Zeit abnimmt. Deshalb verfügen einige ausländische Staaten, dass sie nach zwei oder nach fünf Jahren vernichtet werden sollen.
In einem früheren Gesetzestext, der von der Abgeordnetenkammer in der 13. Legislatur angenommen worden war aber dann verfallen ist, war noch die Rede davon gewesen, dass man solche Embryonen „zur Adoption" freigeben könnte, dass also Paare sich melden könnten, die bereit sind, sich diese Embryonen einpflanzen zu lassen. Das neue Gesetz sieht diese Möglichkeit nicht mehr vor, die auch ethisch in Abwägung der verschiedenen Konsequenzen nicht unproblematisch ist.
Eine andere Möglichkeit, auf die oft hingewiesen wird, bestünde darin, diese verwaisten Embryonen der Forschung zur Verfügung zu stellen. Man könnte aus ihnen embryonale Stammzellen gewinnen, an die viele Hoffnungen für künftige Therapien geknüpft werden. Man könnte das Argument nachvollziehen, das eben besagt: wenn sie sowieso sterben müssen, dann wäre damit zumindest einem guten Zweck gedient.

Unterscheidung unter ethischer Rücksicht

Unter ethischer Rücksicht müssen aber zwischen zwei unterschiedliche Tatbestände gesehen werden:

  • Wenn ein Embryo unter den Umständen, die für seine Weiterentwicklung nicht förderlich sind - Einfrieren über lange Zeit oder Auftauen, ohne ihn einzupflanzen - dann abstirbt, so geschieht dies aufgrund natürlicher Faktoren - er kann von sich aus nicht mehr weiterleben. Das Problem ist hier am Anfang: Man hätte solche Embryonen, die dann eingefroren werden ohne in nächster Zeit bestehende Aussicht auf Einpflanzung, nicht erzeugen dürfen.
  • Wenn ein eingefrorener Embryo aber der Forschung überlassen wird, dann wird er durch menschlichen Eingriff direkt getötet. Der Unterschied ist im Grunde derselbe, wie wenn jemand auf einem Berghang durch einen natürlich abgegangenen Steinschlag umkommt (man könnte hier nur fragen, ob man den Hang nicht besser hätte absichern können) oder ob jemand direkt durch einen willentlich geworfenen Stein getötet wird.

Das Verbot der Forschung an Embryonen

Das neue italienische Gesetz Nr. 40/2004 verbietet im Artikel 13 ausdrücklich eine Verwendung von Embryonen für die Grundlagenforschung. Jegliche Experimente an menschlichen Embryonen sind untersagt. Klinische Forschung und Versuche an Embryonen wären nur erlaubt, wenn sie unmittelbar der Diagnostik und der Therapie der betreffenden Embryonen selbst dienen.
Insofern ist auch eine Präimplantationsdiagnostik nicht erlaubt, auf Grund derer dann kranke oder genetisch defekte Embryonen aussortiert werden könnten.
Bloß durch Beobachtung kann festgestellt werden, ob Embryonen sich normal entwickeln. Voraussichtlich nicht lebensfähige Embryonen brauchen nicht implantiert zu werden.

Der Status des menschlichen Embryo

  1. Der Embryo ist ein Mensch im Anfangsstadium
    Der Grund für eine solche konsequente Haltung liegt darin, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass menschliche Embryonen den Status eines menschlichen Subjektes besitzen, dessen Lebensrecht geschützt bleibt (Art. 1 des Gesetzes).
    Der ethische Grund liegt darin, dass ab der Verschmelzung von weiblichem Ei und männlichem Sperma es sich um einen sich aus eigener Dynamik entwickelnden Organismus handelt, der eindeutig menschlich ist und genetisch verschieden von Vater und Mutter (Argument der Identität und der Potentialität).
    Es gibt eine Kontinuität in dieser Entwicklung, so dass Zäsuren, ab denen man sagen könnte, vorher war es kein Mensch, nun ist es ein Mensch, willkürlich sind (Argument der Kontinuität). Aus dieser Logik heraus wird gefolgert, dass es sich von Anfang an um einen Menschen im Stadium eben eines Embryos handelt.
  2. Der Embryo ist menschliches Leben, aber noch nicht eine menschliche Person
    Es gibt daneben auch andere ethische Positionen, welche dem Embryo am Anfang einen minderen Status zuweisen, dass es sich bei ihm zwar um menschliches Leben handelt, aber noch nicht um einen Menschen, dass also erst allmählich mit der Entwicklung ein Mensch entsteht. Wo aber wird der Einschnitt gesetzt? Dies geht nach einigen Ethikern sogar so weit, dass nicht einmal schon geborenen Kindern der volle Status einer menschlichen Person zuerkannt wird.

Der grundlegende Unterschied zwischen den Positionen liegt darin, dass die einen das Personsein des Menschen an bestimmte Qualitäten und Leistungen knüpfen, während die anderen der traditionellen Überzeugung sind, dass jeder und jede, die zur Gattung Mensch gehört, auch eine menschliche Person ist bzw. als solche anzusehen und zu behandeln ist.

Stellungnahmen des Landesethikkomitees: