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1972–2022: Autonomie und Erinnerung

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Südtirolerinnen und Südtiroler der Babyboomer-Generation sind wohl die Jüngsten, die noch einen persönlichen Bezug zu dem zähen Ringen um die zweite Autonomie, zu Begriffen wie „Paket“, „Durchführungsbestimmungen“ und den damit befassten Kommissionen haben dürften. Sie, vor allem aber die Nachfolgenden durften dann bereits wie selbstverständlich mit den Früchten der damit verbundenen politischen, rechtlichen, aber auch gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Errungenschaften aufwachsen. Dabei geriet und gerät leicht aus dem Blick, dass es sich bei der Südtiroler Autonomie um ein rechtlich zwar abgesichertes, aber fragiles Gebilde handelt. Der Sonderstatus wird heute, vielleicht ob seiner Sperrigkeit, nicht mehr von allen verstanden und auch nicht immer mit Sympathie beäugt, er bleibt auch nach der Streitbeilegung von 1992 im Detail Gegenstand des Aushandelns und der klugen Kompromisse. Vor allem aber bildet er nach wie vor die eigentliche Basis für ein – nicht nur verkürzt im ökonomischen Sinne zu betrachtendes – europäisches Erfolgsmodell, das sich in einer Zeit des umfassenden globalen Wandels wahrscheinlich neu finden und definieren wird müssen.

Was die neue Autonomie von 1972 unmittelbar bedeutete, war vor allem jenen Generationen klar, die die Jahrzehnte nach dem Ersten Weltkrieg und bis Ende der sechziger Jahre aktiv miterlebt hatten. Erste persönliche Erinnerungen des Schreibers dieser Zeilen (* 1966) dazu gehen zurück auf die – damals noch – Volksschule der Mitte der siebziger Jahre, als die Inspektorin mit sichtlichem Stolz und Begeisterung den erstaunten Kindern in Leifers die neuen Gegebenheiten zu umreißen versuchte.

Der Blick in den Rückspiegel weist uns zwar nicht den Weg in die Zukunft, begründet und stärkt aber das Verständnis dafür, wo wir heute stehen. Die hier zum 50-Jahr-Jubiläum 1972–2022 im Zweiwochenrhythmus veröffentlichten 24 Miniaturen der Reihe „Archivale des Monats“ versuchen anhand von Archivalien aus den Beständen des Südtiroler Landesarchivs, einige der zentralen Erfolge und Effekte des neuen Autonomiestatuts erfahr- und greifbar zu machen. Das Ringen um Rechtsfragen, der Übergang von Zuständigkeiten vom Staat zum Land und das daraus erwachsende Verwaltungshandeln fanden ihren schriftlichen und auch fotografischen Niederschlag im Archivgut der Ämter, Behörden und in den Nachlässen politischer Persönlichkeiten. Insofern bieten die Bestände des Landesarchivs, selbst ein Kind der Autonomie, einen reichen Schatz, den es schrittweise zu heben gilt.

gp

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