Lebensgemeinschaft Wald

Von Natur aus wäre nahezu ganz Südtirol von Wald bedeckt. Nachhaltige Waldnutzung ist daher eine der naturnähesten Formen der Landnutzung. Südtirols Wälder werden seit Jahrhunderten bewirtschaftet und sind dennoch wertvoller Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Eine wissenschaftliche Studie der Universität Wien über die Naturnähe (Hemerobiestudie) stellte Südtirols Wald ein sehr gutes Zeugnis aus. Demnach sind Südtirols Wälder sehr naturnah, obwohl sie schon seit vielen Jahrhunderten bewirtschaftet werden.

Der Wald in Südtirol ist Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und wird beeinflusst vom Grundgestein, dem Boden und dem Klima. Der Wald ist den Boden- und den Klimabedingungen (Regen, Schnee, Wind, Temperatur) ständig ausgesetzt, was sich auf sein Erscheinungsbild auswirkt. Die Pflanzen und Tiere des Waldes sind nicht nur von ihrem Lebensraum abhängig. Auch untereinander stehen sie in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis.

Im Wald laufen die Nährstoffe im Kreis

Die Pflanzen im Wald entnehmen Wasser und einfache Elemente aus dem Boden und können in ihren Blättern oder Nadeln Sonnenenergie und Kohlendioxyd in energiereiche Stoffe wie Traubenzucker und Stärke umwandeln und gleichzeitig Sauerstoff an die Umgebung abgeben.

Die Pflanzen stellen also ihre Nahrung selbst her und sind gleichzeitig die Nahrungsgrundlage für die Tiere. Im Boden leben wiederum zahlreiche Insekten, Würmer, Pilze und Bakterien, die von abgestorbenen Pflanzen oder Tieren leben. Gleichzeitig machen diese Bodenlebewesen die Überreste auch wieder für Pflanzen wie Bäume oder Sträucher zugänglich. Dadurch schließt sich wieder der Kreislauf der Nährstoffe im Wald.

Die Pflanzen bauen den Wald auf

In unseren Wäldern kommen viele Gruppen von Pflanzen vor: Neben den Bäumen auch Sträucher, Gräser, Farne, Kräuter, Stauden, Moose, Algen und Flechten.

Viele Tiere wohnen im Wald

Wussten Sie, dass in einem Laubmischwald über 10.000 verschiedene Arten leben?

Der Lebensraum Wald bietet auch Wohnraum für viele wildlebende Tiere. Sie finden im Wald ihre Nahrung, ihren Unterschlupf, die Gelegenheit, sich fortzupflanzen und die Jungen aufzuziehen.

Die Tiere im Wald sind auf unterschiedlichster Art und Weise mit anderen Tieren und mit den verschiedenen Pflanzen im Wald vernetzt. Pflanzen sind auf Tiere angewiesen, um sich fortzupflanzen oder um ihre Samen zu verbreiten. Aber auch Tiere sind auf Pflanzen angewiesen, um Nahrung oder Unterschlupf zu bekommen.

Der Wald ist voller Pilze

Wussten Sie, dass es in Südtirols Wäldern 2.000 verschiedene Pilzarten gibt?

Die Pilze, die wir an Baumstämmen oder am Waldboden sehen, sind nur die Fruchtkörper des verborgen lebenden Pilzes. Der eigentliche Pilz besteht aus feinen, weißlichen Fäden, den Pilzfäden. Pilze besitzen kein Blattgrün und müssen sich deshalb energiereiche Stoffe von anderen Lebewesen holen. Einige Pilze machen dies, indem sie mit den Wurzeln der Bäume eine Lebensgemeinschaft eingehen (Mykorrhiza). Viele hundert unterirdische Pilzfäden umschlingen die Wurzeln des Baumes und beschaffen dem Baum Wasser und Mineralsalze aus dem Boden, während der Baum dem Pilz energiereiche Stoffe zur Verfügung stellt.
Viele Fruchtkörper unserer einheimischen Pilze sind beliebte Speisepilze. Um dieses hochempfindliche Netz von Pilzfäden im Waldboden nicht zu zerstören, müssen beim Pilzesammeln bestimmte Regeln eingehalten werden. In Südtirol dürfen nur an geraden Wochentagen Pilze gesammelt werden.

Im Waldboden ist sehr viel los

Wussten Sie, dass unter einem Hektar Waldboden bis zu 4 Tonnen Bodenlebewesen vorkommen?

Am Waldboden sammelt sich jedes Jahr im Herbst eine Menge von Blättern und Nadeln. Eine große Anzahl an kleinen Bodenlebewesen leben von diesen anfallenden Stoffen. Gleichzeitig erfüllen diese Bodenlebewesen eine unverzichtbare Aufgabe im Kreislauf des Waldes. Sie zersetzen die toten tierischen und pflanzlichen Stoffe soweit, bis ihre Grundelemente wieder über die Wurzeln der lebenden Pflanzen aufgenommen und verwertet werden können. Das rege Treiben im Waldboden wird durch die unheimlich hohen Einwohnerzahlen unterstrichen:
So finden wir z.B. 1 Billion (das sind 1.000 Milliarden) Bakterien, etwa 1 Milliarde Pilze, 1 Million Bodenalgen, etliche Millionen an Wimpertierchen.

Die verschiedenen Gesichter des Waldes

Weil je nach Gegend die Standortsfaktoren Boden, Lage und Klima unterschiedlich sein können, bilden sich verschiedene Waldtypen aus. Sie werden zumeist nach der vorherrschenden Baumart benannt.

Die ursprünglichen Auwälder in den Talsohlen, die sich vorwiegend aus den wasserverträglichen Baumarten Pappeln, Weiden und Erlen zusammensetzen, sind in Südtirol fast gänzlich verschwunden. Heute sind nur noch Restflächen entlang der großen Flüsse anzutreffen wie z.B. in der Eyrser Au, an der Mündung der Falschauer in die Etsch, in Ridnaun oder Pflersch.
An den Rändern der Talsohlen schließt bis auf einer Meereshöhe von 800-900 m eine submediterrane Laubmischwaldstufe mit Blumenesche, Hopfenbuche, Zürgelbaum, Edelkastanie und Flaumeiche an. Es handelt sich dabei um wärmeliebende Baumarten, die vor allem in früheren Zeiten eine große Bedeutung in der Bereitstellung von Brennstoff hatten.
Die nach oben anschließende Buchenstufe ist infolge des kontinentalen Trockenklimas in Südtirol nur schwach ausgebildet oder fehlt vollständig. Schöne Buchenwälder finden wir in Fennberg, Eppan oder Salurn.
Häufiger schieben sich Kiefernwälder als Dauergesellschaften ein, wobei die Föhre als anspruchslose Baumart auch schwierige und karge Standorte besiedelt.
Auf Fichten-Tannenwälder treffen wir zwischen 800 und 1.500 m ü.d.M., wobei die Tanne aufgrund ihrer Ansprüche an Luftfeuchtigkeit nur auf Schattseiten vorkommt.
Zwischen 900 und 2000 m ü.d.M. bestimmen die montanen und subalpinen Fichtenwälder unser Landschaftsbild. Die Fichte ist die weitaus am häufigsten vorkommende Baumart in Südtirol. Baumarten wie Lärche, Vogelbeere, Weißkiefer oder Zirbe können dabei der Fichte beigemischt sein.
Reine Lärchen- bzw. Zirbenwälder nehmen nur einen geringen Flächenanteil ein und kommen in der hochsubalpinen Höhenstufe vor.