Chronologie der Paket-Durchführung von 1972 bis 1992

7. Juni 1972
Erste Zusammenkunft der Zwölferkommission im Chigi-Palast in Rom, viereinhalb Monate nach dem Inkrafttreten des neuen Autonomiestatuts. Dabei wird der DC-Abgeordnete Alcide Berloffa einstimmig zum Vorsitzenden gewählt.
20. Jänner 1973
Der Ministerrat in Rom genehmigt die ersten Durchführungsbestimmungen. Sie betreffen die Schule, den Übergang des öffentlichen Gutes an das Land (staatliche Liegenschaften, Wohngebäude, öffentliche Gewässer), das Verzeichnis der dem Staate vorbehaltenen Denkmäler und die vierjährige Ansässigkeit bei Landtags- und Gemeindewahlen. Zwei weitere am 20. Jänner vom Ministerrat genehmigte Durchführungsbestimmungen betreffen u. a. den Rechnungshof sowie die Teilnahme des Landeshauptmanns (oder seines Stellvertreters) an den Ministerratssitzungen, wenn Maßnahmen behandelt werden, welche die Zuständigkeit der Provinz Bozen betreffen, aber auch bei Maßnahmen, bei welchen irgendwie der Schutz der Minderheiten zur Sprache kommt.
12. Juni 1973
Auf der letzten Ministerratssitzung der am selben Tag zurückgetretenen Regierung Andreotti werden sechs Dekrete genehmigt. Sie betreffen u.a. die Berufsausbildung und Berufsertüchtigung, die künstlerische und kulturelle Tätigkeit sowie die Zuständigkeit für Rundfunk und Fernsehen, die Schulfürsorge und den Schulhausbau.
20. Jänner 1974
Bis zu diesem Zeitpunkt hätten alle Durchführungsbestimmungen verabschiedet sein sollen.
20. Februar 1974
Der Ministerrat genehmigt vier weitere Durchführungsbestimmungen betreffend die Landwirtschaft und das Forstwesen (mit Einschluss des Stilfser-Joch-Nationalparks), die öffentlichen Arbeiten und Gewässer, Fremdenverkehr sowie Bevorzugung der Einheimischen bei der Arbeitsvermittlung.
14. März 1975
Weitere sieben Durchführungsbestimmungen werden vom Ministerrat genehmigt. Sie beinhalten: Hygiene und Sanität, Wohlfahrt und Sozialfürsorge, Lehrlingswesen, Arbeitsbuch und berufliche Einstufungen, Lokalfinanzen, Sport und Freizeitgestaltung, Genossenschaftswesen sowie das Schiedsorgan über den Regionalhaushalt.
8. Juni 1976
Der Ministerrat verabschiedet die Durchführungsbestimmungen zum ethnischen Proporz bei den staatlichen und halbstaatlichen Stellen sowie über die neuen Vorschriften über die Zweisprachigkeit. Landesrat Alfons Benedikter bezeichnete vor dem versammelten Ministerrat die Verabschiedung dieser Durchführungsbestimmungen als Einleitung zur Wiedergutmachung eines der größten dem Südtiroler Volke zugefügten faschistischen Unrechte.
18. März 1977
Weitere vier Durchführungsbestimmungen werden vom Ministerrat genehmigt, und zwar die Ordnung der örtlichen Kreditanstalten (z. B. Medio-Credito), die Sozialversicherung mit Einschluss der Gleichstellung der repräsentativsten Gewerkschaft der deutschen und ladinischen Volksgruppe mit den staatlichen Gewerkschaften, die Elektrowirtschaft und Energieversorgung (ENEL) sowie Übergangsbestimmungen für die Feststellung der Volksgruppenzugehörigkeit.
14. Oktober 1977
Der Ministerrat genehmigt Übergangsbestimmungen zum Proporzdekret. Damit werden insbesondere einige Bestimmungen betreffend die Zweisprachigkeitsprüfungen ergänzt bzw. geklärt.
14. Juli 1978
Der Ministerrat genehmigt zusätzliche Durchführungsbestimmungen zum Proporzdekret (Wahl der Vertreter der Staatsangestellten in einen einheitlichen Verwaltungsrat der örtlichen Stammrollen); am selben Tag genehmigt der Ministerrat die Übertragung der Katasterämter auf die Region.
21. Juli 1978
Der Ministerrat genehmigt die Durchführungsbestimmungen für Industrie, Handel, Messen und Märkte.
10. Jänner 1980
Der Ministerrat genehmigt ergänzende Durchführungsbestimmungen zur Sanitätsreform sowie Durchführungsbestimmungen für das Arbeitsinspektorat einschließlich der Aufsicht über die Arbeitsvermittlung. Auf derselben Sitzung genehmigt der Ministerrat Ergänzungen zum Proporzdekret hinsichtlich der Besetzung von Richterstellen und der Anhebung von Planstellen bei staatlichen Verwaltungen.
11. März 1981
Der Ministerrat genehmigt ergänzende Durchführungsbestimmungen zu den Sachbereichen staatliche Enteignungsentschädigungen, Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung bei Erreichung der Volljährigkeit, Planstellenänderung des Grenztierärztedienstes.
16. Oktober 1981
Der Ministerrat genehmigt ergänzende Durchführungsbestimmungen für die Schule (Erwachsenenbildung, Lehrpersonen und Unterricht der zweiten Sprache, Schule in den ladinischen Ortschaften, Lehr- und Prüfungsprogramme sowie Stundentafeln, Fortbildung der Lehrer im Ausland, Schulversuche, Pädagogisches Institut, Anerkennung ausländischer Studientitel, Religionsunterricht).
8. April 1982
Der Ministerrat genehmigt ergänzende Durchführungsbestimmungen zum Proporzdekret (Angleichung der staatlichen Dienstrechtsreformen an die Proporz- und Zweisprachigkeitsbestimmungen).
2. März 1984
Der Ministerrat genehmigt die Durchführungsbestimmung, mit der der Regionale Verwaltungsgerichtshof und die autonome Sektion des Verwaltungsgerichtshofes für die Provinz Bozen errichtet werden. Der Verabschiedung dieser wichtigen Bestimmungen zur Errichtung des Verwaltungsgerichtshofes war ein jahrelanges Tauziehen hinsichtlich der Zuständigkeiten (Rekursmöglichkeit) der autonomen Sektion f6uumr die Provinz Bozen vorausgegangen.
3. April 1985
Der Ministerrat genehmigt ergänzende Durchführungsbestimmungen betreffend die Wiedereröffnung des Termins für die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung. Insgesamt 935 Personen machen von der Möglichkeit Gebrauch, die nicht rechtzeitig abgegebene Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung nachzuholen.
19. Februar 1987
Die Abgeordnetenkammer in Rom beendet die am 5. Dezember 1986 begonnene Südtiroldebatte mit der Genehmigung zweier Beschlussanträge (einer eingebracht von der Regierungsmehrheit, der andere eingebracht von der PCI und anderen Oppositionsparteien). In den beiden Beschlussanträgen wird die römische Regierung verpflichtet, innerhalb des Jahres 1987 in einer Globallösung die noch ausstehenden Durchführungsbestimmungen zu verabschieden, darüber das Parlament laufend zu informieren und den inzwischen aufgetretenen Änderungsvorschlägen an bereits erlassenen Autonomiebestimmungen Rechnung zu tragen. Die Südtiroler Volkspartei hat die „unter Ausschaltung der Vertreter der deutschen und ladinischen Volksgruppe getroffenen schwerwiegenden Beschlüsse“ verurteilt, da diese – so die SVP-Landesleitung – „eine grobe Verletzung des Pakets, des Autonomiestatuts, der internationalen Verpflichtungen und der zwischen den Vertretern der Mehrheitsparteien im Südtiroler Landtag getroffenen Vereinbarungen“ darstellen. In anschließenden Aussprachen sichert die österreichische Bundesregierung zu, dass sie keine Streitbeilegungserklärung ohne die Zustimmung der Südtiroler Vertreter abgeben wird.
Dezember 1987 – März 1988
In dieser Zeit finden zahlreiche und schwierige Verhandlungen zwischen den Vertretern der SVP mit Parteiobmann Silvius Magnago an der Spitze und der römischen Regierung, insbesondere mit dem Regionenminister Aristide Gunnella statt. Nach hartem Ringen (auch innerhalb der SVP) einigt man sich über die Sachbereiche Sprachengleichstellung, Ladiner und Schuleinschreibung und auf einen „Operationskalender“ hinsichtlich der noch zu erlassenden Paketdurchführungsmaßnahmen.
13. Mai 1988
Der Ministerrat in Rom genehmigt die noch ausstehenden Durchführungsbestimmungen. Die wichtigsten davon sind: die Gleichstellung der deutschen Sprache im Umgang mit den öffentlichen Ämtern, bei Gericht und Polizei und Regelung des Gebrauchs der ladinischen Sprache, die Regelung der Einschreibung von Schülern in Schulen, deren Unterrichtssprache nicht der Muttersprache dieses Schülers entspricht, Bergbau, Mineral- und Thermalwässer, die Gesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet der Hochschulfürsorge und die Neuordnung der Sektion des Rechnungshofes für die autonome Provinz Bozen.
15. November 1989
Die Abgeordnetenkammer in Rom genehmigt den Gesetzentwurf über die Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Staat, Region und den beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient; das Gesetz tritt mit der Veröffentlichung im staatlichen Gesetzesanzeiger vom 4. Dezember 1989 in Kraft, einzelne Details müssen noch mit eigenen Durchführungsbestimmungen geregelt werden. Aufgrund dieser Neuregelung erhalten die beiden Länder Südtirol und Trentino sowie die Region einen Gutteil ihrer Einnahmen aufgrund des im jeweiligen Einzugsgebiet erzielten Steueraufkommens sichergestellt.
10. Oktober 1991
In der römischen Kammer wird nach langer und heftiger Diskussion der Gesetzentwurf zur Errichtung einer Sektion in Bozen des Trienter Oberlandesgerichtes und des Jugendgerichtes endgültig genehmigt. Um das Gesetz durchzubringen, musste die Regierung mehrmals auch die Vertrauensfrage stellen.
30. Jänner 1992
Ministerpräsident Giulio Andreotti erklärt im römischen Parlament, dass die italienische Regierung nunmehr allen Pflichten nachgekommen sei, die zur vollen Verwirklichung des „Paketes“ von 1969 führen sollen. Wenige Stunden vorher hatte der Ministerrat vier wichtige Durchführungsbestimmungen (Beschränkung der staatlichen Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis - AKB, Finanzregelung, Musikkonservatorium und die sog. „Omnibus“-Bestimmung) genehmigt. Um den Text dieser Durchführungsbestimmungen war monatelang in der Sechser- und Zwölferkommission hart gerungen worden. Am selben Tag wird von der römischen Kammer das neue Studientitelanerkennungsgesetz endgültig genehmigt.
22. April 1992
Der Generalsekretär des römischen Außenministeriums, Bruno Bottai, überreicht dem österreichischen Botschafter in Rom, Emil Staffelmayr, eine Begleitnote mit einer Liste der von der italienischen Regierung und vom römischen Parlament erlassenen Durchführungsakte der Maßnahmen zugunsten der Südtiroler Bevölkerungsgruppen. Damit beginnt die bereits im Operationskalender von 1969 festgelegte Frist von 50 Tagen zur Abgabe der Streitbeilegungserklärung von Seiten Wiens vor der UNO. Ausdrücklich wird in dieser Begleitnote auf den Pariser Vertrag verwiesen.
12. Mai 1992
Im Südtiroler Landtag erfolgt die Wahl der Mitglieder der sog. 137er Kommission. Zu Mitgliedern dieser Kommission werden Luis Durnwalder, Roland Riz, Michl Ebner, Hubert Frasnelli, Hugo Valentin, Giuseppe Gaspari und Claudio Emeri bestellt. Aufgabe dieser ständigen Kommission ist es, für in Zukunft auftretende Fragen im Zusammenhang mit Minderheitenschutz und mit der Südtirol-Autonomie allgemein Vorschläge zur Lösung derselben zu erstellen.
11. Juni 1992
Mit der Abgabe der Streitbeilegungserklörung vonseiten Österreichs gegenüber Italien wird der formelle Abschluss der Südtirol-Verhandlungen vollzogen. Zuvor hatten die Südtiroler Volkspartei auf der außerordentlichen Landesversammlung am 30. Mai, die Tiroler Landesregierung (1. Juni), der Tiroler Landtag (4. Juni) und der Österreichische Nationalrat (5. Juni) der Abgabe der Erklärung vor der UNO zugestimmt.